Freitag, 16. September 2016

Mein Praktikum Update 2 - Unter Landräten

Liebe Buchfreunde,
meine fünfte Woche im Praktikum neigt sich dem Ende zu. Es wird Zeit für ein neues Update. Aus diesem Grund möchte ich euch eine Situation schildern, wie sie viele Praktikanten kennen werden ...

Ich stehe im Regen. Ich bin die erste, die da ist und von den Veranstaltern fühlt sich niemand zuständig. Ich solle warten, wurde mir gesagt. Schließlich fahren drei schicke, schwarze BMWs auf den Hof und Männer in Anzügen steigen aus. Sie greifen nach ihren Aktentaschen und schütteln einige Hände, bevor sie herüberkommen.
Sie strecken mir die Hand entgegen und ich ergreife sie zögerlich.
"Herr xy von der 123-Partei, Herr Bürgermeister abc und Herr Landrat yz", nuschelt einer von ihnen und stellt mir sich und seine Kollegen vor.
"Freut mich, mein Name ist ...", beginne ich, doch die Männer wenden sich wieder einander zu und beginnen, zu plaudern. Ich blinzle überrascht und beschließe, mich unter einen Schirm zu stellen. Kurz darauf beginnt Herr xyz aus ABC-Dorf mit einer Rede. Ich habe die Namen schon wieder vergessen und versuche, das wesentliche mitzuschreiben. Den Rest kann ich ja nachher googlen.
Der Abgeordnete der Partei 789 schließt sich ihm an und zwei weitere Journalisten knipsen Fotos. Sie sind gut drei Mal so alt wie ich, tragen ebenfalls Hemd und Krawatte. Ich stehe in Jeans, Sneakers und Pulli daneben, an dem sich ein Faden löst. Ich bin die einzige Frau hier. 
Ich zupfe an der Faden, während ich gleichzeitig versuche, beim Gespräch den Faden nicht zu verlieren.
Die Rede ist beendet, Geschenke werden überreicht und Herr 234 lädt alle Anwesenden zu einem kleinen Umtrunk ein. Ich bleibe im Hintergrund, weil ich nicht weiß, ob ich für die Getränke etwas zahlen muss. Als ich überzeugt davon bin, dass dem nicht so ist, genehmige ich mir ein Wasser. Alle anderen trinken Wein. Ich nicht. Ich trinke keinen Alkohol und bin in der Probezeit.
Daraufhin führe ich gut eine Stunde Smalltalk mit einem anderen Journalisten und stehe im Regen. Unter den Schirmen stehen die Politiker, da ist kein Platz mehr. Ich schaue auf meine Uhr und überlege mir, wann ich gehen kann.
Eine Stunde später verabschieden sich die ersten. ich bin in der Zwischenzeit klitschnass. Erneut schüttle ich allerhand Hände, lächle und nicke freundlich. Ich traue mich nicht, zu gehen, weil ich nicht weiß, bei wem ich mich verabschieden soll und wie. Außerdem will ich die anderen nicht in ihren Gesprächen stören.
Als sich einer der anderen Journalisten verabschiede, hänge ich mich an ihn und folge ihm durch die Menschenmasse, ein leises "Hat mich sehr gefreut" nach allen Seiten murmelnd. Die anderen nicken ebenfalls freundlich und sehen mich verwirrt an. Scheinbar fragen sie sich, wer ich bin und was ich hier will. Das macht aber nichts. Ich frage mich genau dasselbe ...

Eure Enya