Donnerstag, 7. April 2016

Der Kritiker in mir

Hallo liebe Buchfreunde,

Die Schreiberlinge unter euch kennen ihn sicher. Den Kritiker, der immer auf eurer Schulter sitzt, seine Krallen in euer Fleisch gräbt und beim Schreiben heimlich auf einen Absatz zeigt und dann abfällig den Kopf schüttelt.
Wenn ich ehrlich bin, so kenne ich ihn auch, da ich aber erst nach Fertigstellung eines Manuskriptes entscheide, ob das Buch für die Öffentlichkeit oder nur für mich ist, gelingt es mir zumindest während der Schreibphase, ihn zu ignorieren. Dann jedoch schlägt er zu, und zwar mit aller Macht.
In der letzten Zeit habe ich mich etwas zurückgehalten damit, weitere Manuskripte an Verlage zu schicken. Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich einen neuen Jugendroman an mehrere Verlage geschickt, von denen ich jedoch kollektiv Absagen erhalten hab. Und je mehr eintrudelten, desto weniger mochte ich mein Manuskript selbst. Vielleicht ein Fehler, jetzt jedoch landete es erst einmal in der altbekannten Schublade und wartet dort darauf, dass ich mich ihm vielleicht in ein, zwei Jahren nochmal zuwende.
Nachdem ich meinen Schulabschluss gemacht habe, lag es mir nahe, mich in meinem nächsten Roman genau diesem Thema zu widmen, was ich auch getan habe.
"The last Summer" ist ein Jugendroman, in dem ich so ziemlich alles verarbeitet habe, was sich während und nach der Klausurenphase angebahnt hat. Der Stress, das viele Nachdenken über die Zukunft, die Leute, von denen ich mich distanziert habe und jene Freunde, die ich dann erst kennen gelernt habe. In dem letzten Jahr habe ich mich vielleicht so stark verändert wie in den achtzehn davor nicht. Und genau diese Wandlung macht auch Mia, die Protagonistin meines Romans, durch.
Wieder mal ein Thema, das mir sehr wichtig ist, zumal ich das Buch für meine jetzige beste Freundin geschrieben habe. Nichts, was man leichtfertig verschenken will.
Also kam schließlich die Suche nach einem Verlag. Zwei Absagen, direkt hintereinander. Und wieder kam der Kritiker in mir hoch: 
"Lass es doch, scheinbar will es keiner", flüsterte er leise in mein Ohr. "Hättest dich wohl besser aufs Lernen konzentrieren sollen, anstatt dich mit deinen Kinderstorys abzulenken, dann könntest du jetzt Medizin studieren."
Ich hab ihn ignoriert. Mit einer Handbewegung fegte ich ihn von meiner Schulter und machte weiter, doch auch er wollte nicht aufgeben. Interessiert sah er mir zu, wie ich nach Verlagen googelte, mich bei Kollegen umhörte und mich über Agenturen informierte.
Irgendwann hatte ich keine Lust mehr, Verlage selbst anzuschreiben und wollte mich an eine Agentur wenden. Das Teufelchen auf meiner Schulter lachte leise: "Viel Spaß", zwitscherte es und wollte von meiner Schulter klettern.
"Was meinst du?", fragte ich ihn, jetzt auch unsicher geworden. Der Teufel schüttelte nur den Kopf, doch ich ließ nicht locker, bis er schließlich meinte: "Wenn du es nicht schaffst, einen Verlag zu überzeugen, wie willst du eine Agentur von deinem Manuskript begeistern?"
Ich habe besonders im letzten Jahr ein gesundes Maß an Selbstvertrauen aufgebaut und habe Ablehnungen nie persönlich genommen. Wenn jedoch zwei Manuskripte, in die man eine Menge Arbeit gesteckt hat, immer abgelehnt werden, beginnt man zu zweifeln. Natürlich, sogar große Bücher wurden teils viel öfter abgelehnt, als meine.
Wenn dann noch Verwandte und Freunde immer wieder nachfragen, wann denn das nächste Buch kommen würde und man irgendwann nur noch mit einem gemurmelten "Mal schauen" antwortet, das nur man selbst richtig interpretieren kann, verliert man die Lust. Ich wollte gar keinen Verlag mehr anschreiben, jetzt nicht. Erstmal mein neuestes Projekt beenden und in einem Jahr noch einmal schauen.
Dann jedoch kam alles anders.
Heute morgen landete eine Mail in meinem Postfach, von einem Kleinverlag, zu dem ich über einige Autorenkollegen gekommen bin, die dort auch schon veröffentlicht hatten.
"Wir haben dein Werk geprüft...", las ich als erstes und dachte mir: So schnell bekommst du keine Zusage. Noch eine Absage also.
"...und es handelt sich um Werk, das wir gern veröffentlichen würden."
Lange Rede, kurzer Sinn: Das Warten hat ein Ende. Mein innerer Kritiker hat für das nächste halbe Jahr den Mund zu halten. Die zweite Veröffentlichung wird folgen.

Eure Enya

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